Behandlungsangebot stetig gewachsen – Bezirkstagspräsident spricht von Erfolgsgeschichte
Passau. Seelische Krisen können jeden treffen. Sie belasten Betroffene wie Angehörige, können Menschen aus dem Alltag reißen. Besonders Kinder- und Jugendliche kämpfen alleine oft vergebens gegen ihre psychischen Leiden. Sie brauchen Hilfe. Doch noch vor 20 Jahren mussten die Jüngsten in Passau dafür weite Strecken zurücklegen. Die für Niederbayern zuständige Fachklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik liegt in Landshut. Der Bezirk Niederbayern als überregionaler Träger der psychiatrischen Kliniken reagierte und rief im Jahr 2003 die kinder- und jugendpsychiatrische Institutsambulanz in Passau ins Leben. Seither wuchs das Behandlungsangebot stetig, das Netz an Hilfsangeboten wurde dichter. Ihr 20-jähriges Bestehen feierte die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) Passau am Mittwoch mit knapp 100 Gästen.
Gerade einmal zwölf Plätze in angemieteten Räumen bot die als Außenstelle des Bezirkskrankenhauses Landshut ins Leben gerufene Tagesklinik in Passau kurz nach ihrer Gründung. Heute gibt es 18 Plätze in der Tagesklinik, eine psychiatrische Institutsambulanz und Zugang zur Schule für Kranke. Der eigens für KJP und für Erwachsenenpsychiatrie 2013 errichtete Bau umfasst vier Stockwerke und rund 3900 Quadratmeter Nutzfläche. Behandelt werden unter anderem autistische Störungen, Essstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und es gibt eine suchtmedizinische Grundversorgung. Durch den bereits beschlossenen Ausbau des BKH Passau schafft der Bezirk zudem unter anderem 20 Betten für eine neue Kinder- und Jugendpsychiatrie und zusätzliche zehn Plätze für die psychosomatische Tagesklinik.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich betonte in seiner Festrede die Wichtigkeit der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Passau: „Die Behandlungsplätze wurden damals dringend benötigt – und auch heute stehen wir wieder vor der Situation, dass wir unbedingt neue Plätze brauchen. In Passau erstmals auch stationäre Plätze. Denn der Bedarf steigt leider kontinuierlich an. Das Angebot an stationären Betten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Landshut reicht nicht mehr aus.“ Deshalb, so Dr. Heinrich weiter, werde der Ausbau der KJP Passau „in ganz Niederbayern herbeigesehnt“ und werde die Situation langfristig verbessern. „Wir müssen im Hier und Jetzt agieren, müssen uns mit dem Ist-Zustand beschäftigen und schnell Abhilfe schaffen.“
Für den nötigen Ausbau der Hilfskapazitäten hat der Bezirk Niederbayern vor einigen Monaten einen Kooperationsvertrag mit der benachbarten Kinderklinik Dritter Orden in Passau unterzeichnet. Mit dem dazugehörigen Zentrum für seelische Gesundheit werde die KJP Passau künftig eng zusammenarbeiten. „Das ist in dieser Form in Bayern einzigartig“, so Dr. Heinrich. „Die Übergänge zwischen den beiden Häusern sind fließend – und das nicht nur räumlich, sondern auch fachlich. Eine solche Zusammenarbeit macht großen Sinn, und doch ist es an anderen Standorten nicht denkbar, dass dies in der Praxis umgesetzt wird. Deshalb bin ich sehr stolz, dass es uns gemeinsam gelungen ist, diese Kooperation nach zwei Jahren intensiver Vorbereitung auf den Weg zu bringen.“
Prof. Dr. Matthias Keller, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik Dritter Orden: „Wir sehen hier am Standort Passau die optimalen Voraussetzungen, das Zentrum für seelische Gesundheit weiterzuentwickeln. Mit der Kooperation zwischen unserer Klinik und dem Bezirk haben wir ein einmaliges Charakteristikum in Niederbayern geschaffen, wodurch wir unsere Potenziale optimal nutzen können – stets mit großer gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung.“
Trotz der geleisteten Arbeit und der Erfolge der vergangenen Jahre wies die Chefärztin der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Dr. Tanja Hochegger, in ihrer Rede auf die noch immer großen Herausforderungen der KJP hin. Die Belastungen für Kinder- und Jugendliche stiegen durch Leistungsdruck, Soziale Medien aber auch die Nachwirkungen der Pandemie stetig. Die Behandlungskapazitäten stünden an der Belastungsgrenze. „Wir müssen uns angesichts der Gesamtentwicklung Gedanken machen, wie wir für die Patienten hier in der Region bereits kurzfristig mehr Angebot schaffen können“, so Dr. Hochegger. Der geplante Ausbau sei ein guter und wichtiger Schritt. Schließlich dankte die Chefärztin ihrem Personal, das Tag für Tag eine wertvolle und engagierte Arbeit für die Patienten leistete.
Das unterstrich auch der Bezirkstagspräsident in seiner Rede: „Der Bezirk Niederbayern weiß Ihr Engagement sehr zu schätzen. 20 Jahre KJP in Passau ist eine ,Erfolgsgeschichte‘ in der Hinsicht, dass Sie alle in diesen 20 Jahren sehr vielen Familien geholfen haben. Dafür möchte ich Ihnen auch persönlich meinen herzlichen Dank aussprechen.“
– kh –